Artikel in der Lausitzer Rundschau

Nach der Schicht kehrten Fabrikarbeiter in die Stehbierhalle ein

    Hinter dem Gasthaus “Zum Löwen” in Senftenberg liegt eine wechselvolle Geschichte / In Kriegszeiten ein Lazarett / Später viel gefeiert

    SENFTENBERG Nach vielen Jahren der Ruhe wird das Gasthaus “Zum Löwen” in der Calauer Straße in Senftenberg nunmehr von neuen Eigentümern wieder zum Leben erweckt. Der Senftenberger Geschichtskenner Hans Hörenz hat für die Heimatzeitung in der Historie des bekannten Hauses geforscht.

    Laut dem Adressbuch des Kreises Calau von 1941 war das Gasthaus “Zum Löwen” in der Calauer Straße eines von damals 32 Gasthäusern in Senftenberg. In der Straße selbst hatten außerdem der “Waldhof” und der “Viktoriahof” geöffnet. Markante Gebäude im Umfeld waren die 1908 eingeweihte Schule (heute Oberschule) und das Verwaltungsgebäude der Anhaltinischen Kohlenwerke (zu DDR-Zeiten die SED-Kreisleitung).

    In den in der Neuzeit von Norbert Jurk herausgegebenen “Heimaterinnerungen” wird auch an die Geschichte des Gasthauses “Zum Löwen” erinnert. Erkennbar ist an den Aufschriften an dem Gebäude, dass die Eigentümer mehrfach gewechselt haben. Es war einst “Murek’s Gasthaus” mit dem Eigentümer Karl Klaua. Es gab aber auch die Besitzer R. Haberland und Arthur Schmöhl. Während der DDR-Zeit war das Haus Hotel und Gaststätte der Konsumgenossenschaft.

    In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurde das Haus eine Zeit lang als Lazarett genutzt. Wahrscheinlich war dafür die Nähe zum Krankenhaus ausschlaggebend. Im Keller der Schule gegenüber befand sich in Kriegszeiten eine bedeutende Nachrichtenzentrale der Luftwaffe.

    Das Gasthaus spielte nach 1947 sogar eine Rolle bei der Ausbildung von Fachleuten für den Bergbau. Die ersten Unterrichtsräume befanden sich in der Berufsschule in der Calauer Straße, in der Rathenau-Schule, im Gesellschaftshaus (später Haus der Werktätigen) und eben im “Löwen”. Auf dem heutigen Universitätsgelände ist das erste Gebäude der damaligen Ingenieurschule für Bergbau und Energetik erst im Jahr 1952 bezogen worden.

    Die Senftenbergerin Gerda Staude, eine ehemalige Reppisterin, war bis zum Jahr 1990 zwei Jahrzehnte in dem Gasthaus “Zum Löwen” beschäftigt. Sie erinnere sich gern an diese Zeit, als die Konsumgenossenschaft das Haus bewirtschaftete, sagt sie heute. Gerlinde Stolper war damals ihre Chefin.

    Die Stehbierhalle in der Gaststätte sei ein beliebter Anlaufpunkt gewesen, nachdem die Arbeiter in den Fabriken, wie “Morgenrot” und “Impuls”, Schichtschluss hatten. Begehrt war neben dem Bier für 51 Pfennig die Soljanka für 1,05 Mark der DDR. Schaschlik kostete 1,85 Mark.

    Es sei auch sonst immer viel los gewesen. In dem Haus gab es Tanzveranstaltungen, wurden Hochzeiten und Jugendweihen gefeiert. Übernachten konnten die Gäste in 22 Betten im selben Gebäude.

    Nach der Abbaggerung von Reppist – 1986 verließen die letzten Einwohner den Senftenberger Ortsteil – trafen sich am 21. Oktober 1989 erstmals die ehemaligen Einwohner. Daraus wurde mit den Jahren eine Tradition. Die Heimattreffen gibt es bis heute. Organisator Hans-Georg Müller kannte den “Löwen” bestens, da er dort als Disko-Mann Musik aufgelegt hat.

    “Persönlich habe ich natürlich auch die Gaststätte kennengelernt”, so Hans Hörenz, “vor allem als Kind. Meine Großeltern sowie etliche Tanten und Onkels wohnten in der Nähe. Wenn wir bei ihnen zu Besuch waren, wurden wir manchmal zum ,Löwen’ geschickt, um dort Getränke zu holen.”

    (Artikel in der Lausitzer Rundschau vom 21.02.2015)